Zurück in Deutschland fallen mir besonders die Neu-und Eigenheiten im täglichen Sprachgebrauch auf. Als ich ins Ausland ging, wurde noch das aus dem Amerikanischen abgeleitete, unsägliche „Absolut“ zur Bestätigung benutzt, das viele für die Darstellung ihrer eigenen Internationalität und Coolness hielten. Niemand trauert dessen Verschwinden hinterher. Heute dagegen schmettert einem jede und jeder ein „Genau!“ entgegen. Es heißt nicht mehr „So ist es“, „Da hast du recht“, „Das sehe ich genauso“ oder „Da ist was Wahres dran“, nein, alles wird in einem einzigen Wort zusammengefasst: „Genau“. Die universelle Antwort auf alles, was auch nur im Entferntesten Zustimmung hervorrufen könnte oder sollte. Vom sozialpädagogisch melodiös dahingeseufzten „Ge – nau“ bis hin zum zackig und mit Ausrufezeichen formulierten „Genau!“ scheinen sich die Gespräche um mich herum an diesem Wort entlang zu hangeln. Müssen wir so dringend Zeit sparen, dass wir nur noch in 1-Wortsätzen kommunizieren können? Sind wir denkfaul oder maulfaul geworden oder fehlt es uns schlichtweg an sprachlicher Vielfalt? Die Epidemie des #Alles gut – eine weitere immerhin noch 2 Wörter umfassende Universalie – lässt das vermuten. Ob ich mich entschuldige, nach dem Weg frage oder um Geduld bitte, während ich nach passendem Kleingeld suche, alles ist immer gut.
Leider bleibe auch ich nicht davon verschont und werde in diesen sprachlichen Verarmungsstrudel hineingezogen, ob ich will oder nicht. Die Sozialisierung reißt mich mit und ich erwische mich wie ich „Genau“ antworte oder „Alles gut“. Die Worte rutschen so schnell heraus, dass man sie nur mit einer auf der Zunge installierten Klebefalle zurückhalten könnte. Manchmal korrigiere ich mich oder setze hinzu, wie furchtbar ich es finde, dass ich diese Ausdrücke nun auch verinnerlicht habe. Was kann ich anderes tun, als mir selbst immer wieder auf die Schliche zu kommen? Und sprachliche Alternativen parat zu haben. Immerhin merke ich es noch. Genau. Alles gut.